Historie
Stempel der Landschaft des Fürstentums Osnabrück
Die Teilhabe der Landstände an der Verwaltung des geistlichen Fürstentums Osnabrück bildete sich im Mittelalter heraus. Vorrangig war es das Domkapitel, das über das Recht der Bischofswahl eine starke Stellung innehatte und bald Beratungsgremium des Bischofs nicht nur in geistlichen, sondern auch in weltlichen Angelegenheiten wurde.
Den zweiten Stand bildeten die Ministerialen, die als Ritterschaft landständische Befugnisse erlangten, den dritten Stand die Stadt Osnabrück und die kleinen Städte Iburg, Melle, Vörden, Wiedenbrück, Quakenbrück und Fürstenau.
Mit dem Ende des geistlichen Fürstentums Osnabrück Ende 1802 arbeitete die Verwaltung in den kommenden wechselvollen Jahren bis 1814 unter preußischer, westfälischer und französischer Herrschaft. Der Wiener Kongress sprach Osnabrück dem Königreich Hannover zu. Da die hannoversche Regierung die Erlasse und Veränderungen in der westfälischen und französischen Zeit als nichtig betrachtete, traten theoretisch ab 1814 die Verhältnisse von 1803 wieder ein.
An Stelle des ehemals ersten Standes, des Domkapitels, trat in Osnabrück die Ritterschaft. Die Städtekurie wurde von Osnabrück, Fürstenau, Quakenbrück und Melle gebildet. In preußischer Zeit wurde die Kurie um Bramsche erweitert.
Die neu gebildete dritte Kurie erstreckte sich zunächst auch auf die neuen Landesteile im Westen des Königreichs Hannover, aus denen die Landdrostei Osnabrück gebildet wurde, und umfasste demnach die freien Grundbesitzer des Fürstentums Osnabrück, der Niedergrafschaft Lingen und aus den Kreisen Meppen und Emsbüren. Allerdings kam dieser Zusammenschluss, nachdem die Verhandlungen mit den beiden anderen Kurien über die Vereinigung aller Landesteile keine Ergebnisse erbracht hatten, nicht zustande. Die Osnabrücker Landschaft blieb auf das Fürstentum Osnabrück beschränkt.
Kurien
Planskizze der Nutzung der Räume im Domportikus durch die landständische Kurien (NLA OS, Bibl. 2547)
Seit der Reformation bildete sich auch in den Ständen die konfessionelle Mischung heraus, die kennzeichnend für das Fürstbistum Osnabrück war. Ab 1651 waren drei der 24 Domkapitularsstellen Protestanten vorbehalten, die Ritterschaft war zu zwei Dritteln lutherisch, die Bevölkerung der auf den Landtagen vertretenen Städte Osnabrück und Quakenbrück war mehrheitlich evangelisch, in Fürstenau gab es eine einflussreiche katholische Minderheit, Wiedenbrück war katholisch.
Der Kreis der zur Ritterschaft zählenden Familien war bis in das 16. Jahrhundert hinein nicht genau festgelegt. Dies änderte eine Anordnung des Bischofs Johann von Hoya 1556, Matrikel der Landtagsfähigen aufzustellen. Für die Landtagsfähigkeit entwickelten sich Konditionen für Abstammung und Besitz. Die Ahnenprobe, zunächst für die Mitglieder des Domkapitels durch das päpstliche Privileg Leos X. 1517 eingeführt, sollte ab 1651 mit einem Landtagsbeschluss, der allerdings nicht vom Bischof bestätigt wurde, auch für die Ritterschaft gelten. Es waren Aufschwörungsnachweise von 16 Ahnen aus turnierfähigen, ritterbürtigen und stiftsfähigen Familien vorzulegen.
Neben der persönlichen Befähigung war der Besitz eines landtagsfähigen Guts verpflichtend. Bis Ende des 18. Jahrhunderts gab es 72 landtagsfähige Güter, von denen allerdings oft mehrere in einer Hand waren. Auch zwei geistliche Mitglieder, der Komtur der Johanniterkommende Lage und der Komtur der Deutschordenskommende in der Stadt Osnabrück, gehörten der Osnabrücker Ritterschaft an. Bereits seit Mitte des 14. Jahrhunderts lag der Vorsitz der Ritterschaft beim Erblanddrosten, ein Amt, das ununterbrochen von Mitgliedern der Familie von Bar ausgeübt wurde.
Bei den drei Kurien waren seit dem 16. Jahrhundert jeweils ein Sekretär und ein Syndikus angestellt.
Als Tagungsort diente seit 1680 immer das Kapitelhaus im Dom. Die Kurien benutzten Räume im Portikus des Osnabrücker Doms, die spärlich oder gar nicht möbliert waren. Die Städtekurie ließ zu jeder Sitzung Stühle und Tische aus dem Rathaus herüber transportieren. Nach der Säkularisation und der damit verbundenen Aufhebung des Domkapitels bezog die Ritterschaft den Kapitelsaal.
Im November 1818 kam der Osnabrücker Landtag nach der Umbruchszeit erstmals wieder zusammen, um über die Vorstellungen des hannoverschen Kabinettsministeriums zur Neuordnung zu beraten. Die Abschaffung der Ahnenprobe für die Ritterschaft und die Schaffung einer neuen dritten Kurie (neben der nun an erster Stelle rangierenden der Ritterschaft und der zweiten, der Städtekurie) der freien Grundbesitzer waren auch aus Osnabrücker Sicht akzeptable Änderungswünsche.
Aufgaben
Die Landstände berieten auf Ausschreibung des Landesherrn über von diesem vorgegebene Angelegenheiten. Neben Beratungen über landesherrliche Verordnungen war vor allem das Steuerbewilligungsrecht ein ständisches Machtinstrument. Die Kurien berieten in getrennten Sitzungen und nacheinander und stimmten auch getrennt ab
Die Provinziallandschaft sollte Rechte in Bezug auf die Angelegenheiten, die nicht das ganze Königreich betrafen, wahrnehmen. Dazu gehörten die Mitwirkung an der Provinzialgesetzgebung, Wahl und Präsentation der landschaftlichen Räte zum Oberappellationsgericht und zum Schatzkollegium, Bestellung ständischer Beamter, Verwaltung der Grundsteuerquote, Verwaltung besonderer provinzieller Einrichtungen, Verwaltung landschaftlicher Institutionen sowie die Verleihung von Benefizien, Stipendien und Freitischen. Die Steuerbewilligung und das Budgetrecht waren den Provinziallandschaften entzogen und auf die allgemeine Ständeversammlung übergegangen, was ihre Bedeutung wesentlich minderte.
Eines der wichtigsten Institute der Landschaft war die Brandkasse. Bereits 1755 war es auf Antrag der Osnabrücker Stände zu dem Beschluss gekommen, eine Brandkasseassekuranz einzurichten. Bischof Clemens August erließ ein Edikt, dass alle Schatzpflichtigen zu dieser Versicherung zwangsverpflichtete. Die Verwaltung lag bei der Land- und Justizkanzlei, im 19. Jahrhundert bei der Landdrostei. Die Landschaft übte z.B. bei der Rechnungsführung Kontrollfunktionen aus. Seit 1817 traten auch Landesteile außerhalb des Fürstentums Osnabrück der Brandassekuranz bei. Die Brandversicherungssozietät wurde 1878 mit der Vereinigten Landschaftlichen Brandkasse zusammengeschlossen.
Nach der Annexion Hannovers durch Preußen wurde mit der preußischen Verordnung vom 22. September 1867 der Weiterbestand der Landschaften bestätigt. Allerdings wurde der Wirkungskreis noch enger, denn nach der nunmehr erfolgten Aufhebung der Mitwirkung an der Gesetzgebung und der Präsentationsrechte war die landschaftliche Verwaltung auf kommunale Aufgaben beschränkt (Vermögen, Einrichtungen, Stiftungen) sowie auf die Befugnis, den Landschaftsbezirk mit Beiträgen für landschaftliche Zwecke zu belasten. Osnabrück wurde eine veränderte Zusammensetzung der Städtekurie, die Bildung eines bis dahin nicht existierenden Ausschusses und die Reform des Geschäftsgangs auferlegt.
Diesen Auflagen ist die Landschaft des Fürstentums Osnabrück nachgekommen, wie das Verfassungstatut von 1875, modifiziert 1927 und zuletzt 1974, zeigt .
Bedeutende Persönlichkeiten
Herbord Sigismund Ludwig von Bar (1763 – 1844) war viele Jahre in verschiedenen Spitzen-Funktionen für Osnabrück tätig. Sowohl in der französischen Zeit als auch im Königreich Westfalen nahm er führende Positionen ein. Nach dem Ende der napoleonischen Herrschaft war er Deputierter der Osnabrücker Ritterschaft in der provisorischen allgemeinen Ständeversammlung in Hannover 1814 – 1819 und 1815 zu deren Präsidenten gewählt. 1816 wurde er als Präsident der Provinzialverwaltung Osnabrück eingesetzt, ab 1824 war er Landdrost der neugebildeten Landdrostei Osnabrück im Königreich Hannover.
Literatur
Grundriß zur deutschen Verwaltungsgeschichte 1815 – 1945, Reihe A: Preußen, Bd. 10: Hannover, hg. von Walther Hubatsch, Marburg 1981
Handbuch der niedersächsischen Landtags- und Ständegeschichte, hg. von Brage Bei der Wieden Bd. 1: 1500 – 1806, Hannover 2004, Bd. 2: 1815 – 1946, Hannover 2013
Hans-Joachim Behr, Politisches Ständetum und landschaftliche Selbstverwaltung. Geschichte der Osnabrücker Landschaft im 19. Jahrhundert, Osnabrücker Geschichtsquellen und Forschungen Bd. 12, Osnabrück 1970
Max Bär, Abriß einer Verwaltungsgeschichte des Regierungsbezirks Osnabrück, Hannover und Leipzig 1901